Die Schule der Lubinen

Die erste deutsche Schule für Physiotherapie wird gegründet

"Kräftiger Gesundheitszustand" Pflicht: die ersten Krankengymnastik-Schülerinnen nach Ihrem Examen 1902
"Kräftiger Gesundheitszustand" Pflicht:
die ersten Krankengymnastik-Schülerinnen nach Ihrem Examen 1902

Sie heißt zu Anfang Lehranstalt für Heilgymnastik und die Schülerinnen heißen schlicht und einfach „Lubinen“. Am Rande sei bemerkt, dass die Lubinen für damalige Verhältnisse eine Menge medizinisches Wissen und Können haben und darüber hinaus in der Kieler Männerwelt sehr beliebt sind.

Bemerkenswert ist noch die Tatsache , dass die Leitungen der Schule immer in weiblicher Hand sind. Für das gesellschaftliche Frauenbild der damaligen Zeit gilt dies schon als ungewöhnlich. 

Aber nun die Geschichte von Anfang an: Natürlich kann es kein Dauerzustand bleiben, dass nur schwedisches Personal die Zander-Apparate in der Brunswiker Straße bedienen kann. Aber in Deutschland gibt in der damaligen Zeit keine Ausbildung zum Heilgymnasten. So fasst Sanitätsrat Lubinus den Entschluss, das kurzerhand zu ändern und eigene Heilgymnasten auszubilden.

Im April 1900 reicht er seine Ausbildungspläne beim „Preußischen Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten“ ein. Zuvor hatten die Kieler Universität und der Regierungspräsident in Schleswig dieses Vorhaben gütigst genehmigt. Am 15. April 1901 startet der erste Lehrgang an der staatlich genehmigten Lehranstalt für Heilgymnastik, übrigens der ersten Deutschlands überhaupt.

Die Schülerinnen müssen zunächst eine einjährige turnerische Ausbildung am staatlich genehmigten Turnseminar absolvieren. Erst dann folgt der ebenfalls einjährige Teil der Heilgymnastik. 575,00 Reichsmark kostete der Heilgymnastikkurs, die jede Schülerin aufbringen muss.

 

... und der Examensjahrgang 1934
(Erste Reihe, Fünfter von links: Schulgründer Lubinus)

1902 wird der erste Examens-Jahrgang als staatlich geprüfte Heilgymnastinnen verabschiedet und diese können sich nun um eine Anstellung im Krankenhaus bewerben oder aber ihren Beruf selbstständig ausüben. Sie dürfen allerdings in der damaligen Zeit nur unter ärztlicher Aufsicht arbeiten.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kann die Schule in Kiel den Lehrbetrieb nur noch mühsam aufrechterhalten. Im Frühjahr 1945 wird der Unterreicht sogar für einige Zeit komplett eingestellt.

Nach dem Ende der Zwangspause setzt eine Renaissance der Krankengymnastik ein. Sie erlangt in der Medizinwelt zunehmend große Anerkennung und wird auf immer mehr Therapiefelder ausgedehnt.

Seit dem 1. Juni 1994 werden die Krankengymnasten nun als Physiotherapeuten bezeichnet und können in Fachkliniken, Allgemeinen Krankenhäusern, Facharztpraxen, Sanatorien, Kurbetrieben, Rehabilitationszentren, in der Sportmedizin sowie Sondereinrichtungen für Körperbehinderte oder auch in einer eigenen Praxis tätig sein.

Mit einer weitergehenden Qualifikation ist mittlerweile nicht nur eine fachliche Spezialisierung möglich, sondern die Schülerinnen und Schüler können unter bestimmten Voraussetzungen auch eine akademische Laufbahn einschlagen.

Die Physiotherapeuten-Schule gehört heute, wie auch das Lubinus Clinicum und das Sankt Elisabeth Krankenhaus Kiel, zur Lubinus-Stiftung.

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