Physician Assistant – ein Berufsbild mit Zukunft!
2005 startete der erste Studiengang in Deutschland, seitdem etabliert sich der Beruf Physician Assistant zunehmend. Doch was ist ein Physician Assistant? Welche Aufgaben nimmt dieser wahr und wie kann er eingesetzt werden? Kann er die aufgrund des demografischen Wandels größer werdenden Lücken in der Gesundheitsversorgung, insbesondere auf dem Lande, schließen?
Unter anderem mit diesem Thema beschäftigten sich Vertreter aus Politik, Krankenkassen, Krankenhäusern und der Wirtschaft auf dem Anfang Mai im Kieler Lubinus Clinicum stattfindenden zweiten Symposium „Notfall Personal“. Mit fundiertem Fachwissen führte der Redakteur des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblattes, Dirk Schnack, Referenten und Gäste durch eine hochinteressante und kurzweilige Veranstaltung.
Der Gastgeber Lubinus schloss bereits 2008 einen Kooperationsvertrag mit der Steinbeis Hochschule in Berlin und bildete im Studium befindliche PA´s in Theorie und Praxis in der Klinik aus. Dr. Jörg Löwe, stellvertretender Chefarzt der Abteilung für Endoprothetik, begleitete seinerzeit als Mentor das Studium der Anästhesieschwester Stefanie Kannert, die seit Ende ihres Studiums als PA im Lubinus Clinicum tätig ist. Heute leitet Dr. Löwe den Ausbildungsbereich Orthopädie und Unfallchirurgie der Physician Assistants am Steinbeis Transfer-Institut Berlin.
Doch was genau macht ein Physician Assistant – auch Arztassistent genannt – eigentlich? Er entlastet und unterstützt ärztliches Fachpersonal bei komplexen Untersuchungen, medizinisch-technischen Tätigkeiten, wirkt mit bei der Erstellung von Diagnosen und Therapieplänen, übernimmt Aufgaben im Prozessmanagement, in der Teamkoordination und Dokumentation. Insbesondere bildet der PA im Krankenhaus auch eine wichtige Schnittstelle zwischen der Pflege, den Ärzten und ist unverzichtbarer Kommunikator zum Patienten. Stellt sich Stefanie Kannert den Patienten vor, bedarf es jedoch erst einmal der genauen Erklärung, wer sie ist, was sie macht und mit welchen Kompetenzen sie ausgestattet ist. Aufgrund ihrer hochqualifizierten Ausbildung ist sie in Bereichen tätig, in welchen man eher Assistenzärzte vermuten mag. Sie ist feste Ansprechpartnerin auf der Station und entlastet damit sowohl Ärzte und Pflege und sorgt so für eine reibungslose und qualifizierte Behandlung der Patienten.
Der demografische Wandel zeigt sich auch mit großen Auswirkungen im Gesundheitswesen. Einerseits steigt die Lebenserwartung und auch der Anteil älterer, oft multimorbider Menschen in der Bevölkerung, andererseits nimmt der Fachkräftemangel in der ärztlichen und pflegerischen Versorgung weiter zu. Hausärzte, die in den Ruhestand gehen, finden nicht selten keine Praxisnachfolger, und auch Kliniken klagen zunehmend über Mangel an ärztlichem Personal. Der Geschäftsführende Verwaltungsdirektor des Ludmillenstifts Meppen, Wilhelm Wolken, führte aus, dass der Einsatz von PA´in seiner Klinik nicht nur aufgrund des Mangels an ärztlichem Personal unabdingbar sei, sondern darüber hinaus auch aus kaufmännischer Sicht interessant sei.
Dr. Volker Eissing ist Leiter des MVZ Papenburg. Im Rahmen des Symposiums zeigt er auf, dass ihm eine persönliche Versorgung aller Patienten im ländlichen Bereich ohne Delegation an nachgeordnete, qualifizierte Mitarbeiter nicht möglich wäre. In seiner Praxis hat Eissing folglich die Betreuung von Patienten mit chronischen Wunden, MS, Bluthochdruck, Diabetis oder ähnlichem an jeweils speziell nach Einsatzgebiet geschultes Personal delegiert. Damit eröffnet ist auch die Diskussion um die Zulässigkeit der Delegation von ärztlichen Tätigkeiten und die rechtlichen Rahmenbedingungen, welche zuletzt auch Thema des Deutschen Ärztetages waren.
Der Physician Assistant ist ein weltweit anerkannter Beruf, hochinteressant, zukunftsorientiert und kann vor allem von jungen Menschen entdeckt werden, die sich nicht für ein Medizinstudium entscheiden oder den Pflegeberuf wählen möchten. Wie sehr der PA gebraucht wird, dafür sprachen sich alle Referenten und auch Gäste des Symposiums aus. Nun gilt es, den Beruf nicht nur bekannter zu machen, sondern insbesondere auch Ausbildungsmöglichkeiten und –standorte zu schaffen. Hierzu sei man bereits in Gesprächen mit dem Westküstenklinikum Heide sowie dem Kieler Lubinus Clinicum, so Dr. Henrik Hermann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein. Das Studium müsse attraktiver werden, sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch mit Blick auf die Vereinbarkeit mit einem ggf. parallel ausgeübten Beruf sowie der Familie, schließt sich ebenfalls Prof. Dr. Tom Karbe ist. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Physician Assistants am Steinbeis-Transfer-Institut Medicine and Allied Health und steht als Ansprechpartner sowohl für Interessierte am Beruf als auch für potenzielle Kooperationspartner zur Verfügung.
v.l.: Dr. Volker Eissing (Leiter des MVZ Papenburg), Manfred Volmer (Vorstandsvorsitzender der Lubinus-Stiftung), Johann G. P. Lubinus (Medizinischer Vorstand der Lubinus-Stiftung), Dr. Jörg Löwe (Stv. Leitender Arzt Endoprothetik Lubinus Clinicum), Prof. Dr. Tom Karbe (Lehrstuhl für Physician Assistants, Steinbeis Transfer-Institut), Wilhelm Wolken (Geschäftsführender Verwaltungsdirektor, Ludmillenstift Meppen), Dr. Henrik Hermann (Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein) und Dirk Schnack (Moderator).