Der Weg zum Erfolg und zur Zufriedenheit
Wir sitzen im Büro von Maren Lach im dritten Stock des Lubinus Clinicums. Die Leiterin des Pflegedienstes hat die neuen Auszubildenden zu einer Drei-Monats-Bilanz eingeladen. Ferhat Meichner (21) , Andrea Balyk (22), Sinnika Höpfner (22) und Geneviève Langfeldt (28) sitzen im Halbkreis bei ihrer Chefin, natürlich jeder mit dem nötigen Abstand zu den anderen.
Am 1. April 2020 begann ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann. Der Start war in diesem Jahr ein absolutes Novum, erst einmal hat ihr Beruf seit Jahresbeginn einen neuen Namen bekommen und außerdem ging es mit erschwerten Bedingungen los, die Corona-Pandemie hat auch die Ausbildung durcheinandergewirbelt. Nun zuerst zur neuen Berufsbezeichnung. Nach der neuen sogenannten generalistischen Ausbildung dürfen sich die jungen Leute künftig Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann nennen.
Im Grunde handelt es sich hierbei um die gleiche Ausbildung wie zur/zum Gesundheits- und Krankenpfleger/-in. Die Spezialisierung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann erfolgt im dritten Lehrjahr. Auch eine Spezialisierung in die Bereiche Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege ist möglich. Im Anschluss daran müssen die Absolventen ebenfalls, wie früher, ein qualitativ hochwertiges Examen ablegen.
Mehr als 40 Bewerbungen für diesen „neuen“ Beruf seien bei ihr eingegangen, berichtet Maren Lach. Davon wurden vier am 1. April eingestellt, weitere sechs sollen jetzt am 1. Oktober folgen. „Der hochqualifizierte Pflegeberuf ist für viele junge Leute interessant geworden“, erzählt die Lubinus-Pflegedienstleiterin weiter, „nicht zuletzt auch deshalb, weil die Bezahlung deutlich besser geworden ist, vielen die Arbeit einfach Spaß bringt und diese als sehr sinnvoll ansehen“. Viele der Auszubildenden hätten schon einen ganz anderen Beruf erlernt, bevor sie im Gesundheitswesen neu durchstarten wollten.
Das gilt auch für zwei der vier Auszubildenden, die jetzt in der Runde zusammensitzen und von sich und ihren Erfahrungen nach dem ersten Vierteljahr ihrer Ausbildung berichten.
Sinnika Höpfner hat nach dem Hauptschulabschluss und einer Berufsfindungsphase, in der sie die Mittlere Reife nachgeholt hat, Friseurin gelernt. Der Beruf habe ihr aber von Anfang an wenig Spaß gemacht, berichtet sie, weil sie von 9:00 bis 19:00 Uhr im Salon arbeiten musste und das auch an Sonnenabenden. Außerdem habe sie sehr wenig verdient. Auf die Idee in den medizinischen Bereich zu wechseln, ist sie durch ihre Kunden gekommen. Grundsätzlich war sie schon immer medizinisch interessiert und hat beim Haareschneiden mit den Ärzten, Krankenschwestern und Krankenpflegern über deren Tätigkeiten geplaudert. Ihr Interesse war geweckt und dann hat sie sich kurzerhand bei Lubinus beworben und wurde genommen. Dass sie ein Praktikum in einem Altenheim vorweisen konnte, hat ihre Bewerbung begünstigt, ergänzt Maren Lach. Dadurch habe sie Interesse an einen Berufswechsel bekundet. „Für mich war es die beste Entscheidung, die ich treffen konnte“, erzählt strahlend die 22-jährige. Die Schichtarbeit mache ihr überhaupt nichts aus, sie empfinde sie im Vergleich zu ihrem früheren Beruf geradezu als besonderen Luxus.
So kann Sinnika beispielsweise ausschlafen, wenn sie Spätdienst hat oder nach Nachtdiensten entsprechend länger frei machen. Genau das ist es, was ihrer persönlichen Freizeitgestaltung sehr entgegen kommt. Und noch etwas ist für sie wichtig: Nach getaner Arbeit sieht sie in zufriedene und dankbare Gesichter, nämlich in die der Patienten, die sie unterstützen konnte. „Das ein richtig tolles Gefühl zu den Menschen zu gehören, die für andere etwas Gutes tun , sagte sie zum Schluss.
Geneviève Langfeldt hat in der Runde die längste Berufserfahrung. Die 28-jährige arbeitete zehn Jahre lang als Hotelfachfrau bei einer großen Hotelgruppe, zuletzt war sie im Service des Restaurants tätig. Sie habe sich den Beruf bewusst ausgesucht und die Arbeit habe ihr auch viele Jahre Spaß gemacht. Irgendwann sei ihr aber klar geworden, dass sie nicht bis zur Rente in dieser Sparte bleiben wolle. Hauptsächlich hat sie sich über die Arroganz vieler Gäste geärgert und auch darüber, dass ihr nur selten Dankbarkeit entgegengebracht wurde, auch dann, wenn sie sich in besonderer Weise um ihre Gäste bemüht hat. Die Idee aus dem Hotelfach auszusteigen und einen Gesundheitsberuf zu ergreifen, entstand in der Zeit, als sie drei Jahre lang ihre Oma pflegte. Danach absolvierte sie noch ein Praktikum in der Altenpflege. „Da will ich hin“, hat sie nicht nur gesagt, sondern es auch getan. Ihr Lebensgefährte hat sie dabei voll und ganz unterstützt. Sie wundert sich, dass viele junge Leute gar nicht wissen, welche Vorteile der Pflegeberuf bietet. Oft würde er herabqualifiziert, erzählt Geneviéve. Das Gegenteil sei der Fall, gerade in Zeiten einer Pandemie sind sie zu den Helden des Alltags geworden. Außerdem könne sie nach der qualifizierten medizinischen Ausbildung ihr Wissen und Können erfolgreich bei dem Patienten einsetzen.
Auch Geneviéve zieht nach drei Monaten eine positive Bilanz. Der Beruf mache ihr sehr viel Spaß, besonders schön finde sie, dass sie mit dem Patienten sowie den Kolleginnen und Kollegen sehr viel lachen könne. „Lubinus ist wie eine große Familie, jeder kennt jeden und das finde ich besonders angenehm“, sagt die Auszubildende mit der größten beruflichen Erfahrung.
Andrea Balyk hat schon eine pflegerische Ausbildung hinter sich. Nach dem Realschulabschluss hat die 22-jährige eine Ausbildung zur Pflegeassistentin gemacht, was der früheren Krankenpflegerhelferin gleichkommt und ihre Fachhochschulreife nachgeholt. Eigentlich wollte sie nach dieser Ausbildung soziale Arbeit studieren. „Der Pflegeberuf hat mir aber so viel Spaß gemacht, dass ich mir vorgenommen habe, es jetzt ganz richtig zu machen und mich zur Pflegefachfrau ausbilden zu lassen“, sagt Andrea. „Die vorherige Ausbildung hätte ich mir eigentlich sparen können, denn als Pflegefachfrau habe ich deutlich mehr Kompetenzen und auch Möglichkeiten der Weiterbildung“. Das bestätigt auch die Pflegedienstleiterin Maren Lach. „Es sind viele Qualifikationen und Spezialisierungen in dem Beruf möglich, wie beispielsweise die zur Praxisanleiterin, Wundexpertin, Demenzexpertin, Leiterin einer Pflegeeinheit“, lächelnd fügt sie hinzu „oder sogar der Pflegedienstleitung“. Natürlich sei diese Weiterbildung nicht nur den Damen vorbehalten, sondern auch die Pflegefachmänner könnten entsprechende Qualifikationen erlangen. Darüber hinaus bietet der Beruf eine hohe Flexibilität, die Fachmänner und -frauen könnten jederzeit in andere Bereiche wechseln, beispielsweise vom Krankenhaus in ein Pflegeheim, in eine Arztpraxis oder zu einem ambulanten Pflegedienst.
Andrea liebt in dem Beruf die Abwechslung, jeder Patient ist anders, das gefällt ihr. Es gefällt ihr auch, dass sie Teil eines großen Teams ist, das sehr gut zusammenarbeitet. Ihr schönstes Erlebnis bisher war, dass ein an Demenz erkrankte Patient in einem wachen Moment sie strahlend ansah und sagte: „Du bist so wunderschön“. Mehr Dankbarkeit und Anerkennung könne man kaum erwarten, sagt sie immer noch etwas gerührt.
Der letzte in der Runde ist mit 21 Jahren auch der jüngste und der einzige Mann. Ferhat Meichner. Nach der Fachhochschulreife machte er eine Ausbildung zum Pflegehelfer und das im Pflegedienst seiner Eltern. „Ich kann das, was meine Ausbildungskolleginnen berichten, nur bestätigen“, sagt er. Im Gegensatz zu vielen anderen Berufen erfahre man sehr viel Dank, sogar bei den kleinsten Hilfestellungen. Er genießt es als Mann in der Pflege zu arbeiten, nicht zuletzt auch deshalb, weil er bei den Damen, vor allen den älteren, gefragt ist. Sie möchten gern von ihm unterstützt werden. „Das können wir uns gut vorstellen, dass du so etwas gut findest“, sagen lachend fast wie im Chor Andrea, Sinnika und Geneviève.
Alle vier Auszubildenden werden schon richtig in die Stationsarbeit eingebunden, haben natürlich immer einen Ansprechpartner. Sie helfen beim Bettenmachen und Waschen der Patienten, dürfen Fieber und Blutdruck messen, verteilen das Essen und können auch bei der Visite dabei sein. Sie berichten locker und fröhlich noch von vielen weiteren Erlebnissen, lachen und gestikulieren. Wenn die geplanten anderthalb Stunden, die sich Maren Lach für das Bilanzgespräch vorgenommen hatte, nicht um gewesen wären, hätten sie ohne Probleme noch längere Zeit weiter plaudern können. Für den Beobachter ist es keine Frage - die vier haben den absolut richtigen Beruf ergriffen.
Gerd Rapior